Diese Wahrheit ist mehr als eine Wahrheit. Zum ersten hat diese Wahrheit ein Thema: Die Art und Weise, wie Frauen in Computerspielen dargestellt werden. Die Frage, ob sich dieses Bild geändert hat und eine typische Reaktion, die Spieler manchmal mit sich bringen, wen sie mit dem Thema in Berührung kommen. Anlass sind zwei aktuelle Werke: Einmal das aktuelle „Tomb-Raider„-Spiel, das gleichzeitig ein kompletter Reboot der Serie ist, andererseits die Videoserie „Tropes vs Wome in Video Games“ von Anita Sarkeesian. Dafür habe ich mich mit Andreas Lange vom Computerspielemuseum Berlin, Anne Wizorek von kleinerdrei.org (#Aufschrei-Initiatorin) und Anjin Anhut, der über das Thema und klassische Reaktionen darauf geschrieben hat, unterhalten.
Zum zweiten ist diese Wahrheit ein kleiner Blick hinter die Kulissen des Radios. Ich habe genau zu diesem Thema für Breitband vom Deutschlandradio Kultur einen Beitrag machen dürfen, der auch in dem Cast enthalten ist. So habt ihr einen direkten Einblick dahin, wie die rohen Informationen, die in diesem fast zweistündigen Podcast zusammenkommen, in einem fünfminütigen Beitrag zusammengefasst werden.
Genug der Vorrede, hier ist das Ergebnis. Mit Überlänge:
Podcast: Play in new window | Download (Duration: 1:49:15 — 75.2MB)
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Bild: Lara Croft & Anita Sarkeesian (© tombraider.com / Anita Sarkeesian)
PS: Auf <3 wurde gerade passend noch ein weiterer Artikel zum Thema veröffentlicht: Not just games. Und ich möchte euch Dennis‚ Bericht von der GDC 2013 ans Herz legen, in dem es um #1ReasonToBe geht, ein Panel über Sexismus in der Spieleindustrie.
PPS: Ich freue mich natürlich über Anmerkungen, weitere Links und Perspektiven in den Kommentaren.
Zum Format: Fand ich gut gemacht, lediglich die Präsentation des Radiobeitrags wirkt wie ein Fremdkörper. Nicht sein Inhalt, da ja einige neue Aspekte hinzukamen, aber die Einbettung als Vergleich des Rohmaterials mit dem fertigen Produkt. Für sich genommen ist dieser Vergleich sehr interessant und ich könnte mir das gut als eigenständiges Format vorstellen. Am besten vielleicht mit jemand anderem zusammen, der die Zusammenstellung des Beitrags hinterher analysiert/kritisiert. Vielleicht eine Diskussion, ob die Verkürzung dem Rohmaterial eine Wichtung verpasst hat oder sogar irgendwo ein falscher Eindruck einsteht und warum die Auswahl so und nicht anders getroffen wurde. (Dann ist es auch keine *verklagt mich bitte nicht*-Eigenwerbung mehr, sondern ein Zitat.) Hat jetzt auch nicht geschadet, aber der Rest der Episode hatte eben einen ganz anderen Schwerpunkt.
Zum Inhalt: Interessant bei 1h11m und der Frage nach dünnhäutigen Spielern, wäre ich mit meiner Küchenpsychologie ganz anders abgebogen. Viele Spielerbiographien beginnen in der Kindheit oder Jugend. Und Spiele sind sowohl bezüglich ihrer Inhalte als auch dem Anteil an Freizeit, den sie einnehmen, häufig Quelle von Konflikten mit den Eltern. Viele Spieler sind also schon früh in einem Rechtfertigungsdruck, der sich in der Einstellung von Medien und anderen Teilen der Gesellschaft zu Spielen fortsetzt. Meine These wäre, dass das – nennen wir es mal – „diskursive Register“ vieler unreflektierter Spieler in einer späten Trotzphase festhängt. Deckt sich vielleicht auch ein bisschen mit dem, was Markus später gesagt hat.
Schließlich zu Tomb Raider ein Gedanke: Vielleicht ist die neue Lara Croft in Überwindung der Baller-Babe-Karikatur ja an einem Punkt angekommen, den der generische männliche Actionheld-Spielercharakter erstmal erreichen muss.
(Prophylaktische Verteidigung: „derailing“-Vorwürfe sind oft Meta-Derailing, um durch das Aufzeigen eines als diskreditiert bezeichneten Argumentationsmusters die Gegenpartei ins Unrecht zu setzten.)
Das längere Format war für ein so komplexes Thema sehr angemessen und ich fand die Aufbereitung wirklich spannend. Gerade zu sehen, was aus diesen langen Interviews wird, wenn sie schließlich im Radiobeitrag landen, war klasse.
Hut ab vor Anjin an der Stelle auch, der hier und in seinem Blog etwas getan hat, was Menschen ja normalerweise sehr ungern tun: Die eigene Meinung überdenken und schließlich öffentlich (!) zugeben, daß man da wohl erstmal in eine falsche Richtung gerudert ist.
Für mich hängt dieses fast schon instinktive Verteidigen von Spielinhalten auch damit zusammen, daß wir mit diesen Spielen und diesen Inhalten aufgewachsen sind. Da ist sehr viel Nostalgie, schöne Erinnerungen und … ja … Liebe im Spiel. Wir hängen an „unseren“ Spielen und wenn dann da jemand kommt und Themen, die in diesem Spielen vorkommen, in Frage stellt, dann wirkt das erstmal so, als würden die Spiele selbst in Frage gestellt werden. Und da geht es mir dann genauso Anjin, ich blecke die Zähne, balle die Fäuste und gehe erstmal auf Konfrontationskurs. Es sind immerhin meine Kindheitserinnerungen, die hier (zumindest auf den ersten Blick) herabgewürdigt werden. Wenn der Zorn verflogen ist (und mein Zorn verfliegt recht schnell) und man sich mit verständnisvollen Mitdiskutanten auseinandersetzen konnte, dann erst kann die Erkenntnis wachsen, daß es hier nicht darum geht, einzelne Spiele anzugreifen, sondern darum, das Bewußtsein zu schaffen für diese Mechanismen.
Für mich ist die neue Lara übrigens schon ein Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht so sehr auf das Thema Sexismus bezogen, sondern auf Klischees im Allgemeinen. Ich würde mir eine ähnliche Coming of Age Geschichte auch für männliche Helden wünschen. Ich würde mir wünschen, daß auch dort Rollenklischees durchbrochen werden würden, daß auch Männer nicht immer von anfang an stark wären / stark sein müßten. Weg von den Klischees und hin zu echten, menschlichen Charakteren mit Stärken und Schwächen. Sexismus wirkt nämlich durchaus in beide Richtungen. Auch Männer sind in ihren Geschlechterrollen und den Bildern, die in der Popkultur davon gezeichnet werden, gefangen. Emanzipation wird deshalb niemals gegen Männer funktionieren können. Stattdessen sollten wir uns bemühen, uns gegenseitig aus dem Sumpf der Geschlechterschubladen und Rollenklischees herauszuhelfen.
Wenn ich meine Lieblingsspiele in den letzten Jahren so ansehe (u.a. Mass Effect, Dragon Age, Deus Ex, The Walking Dead), dann merke ich, daß es eben eher Spiele sind, die menschliche Charaktere darstellen. Wo die schwarze Hauptfigur z.B. zwar ein Mörder, aber eben auch ein Collegeprofessor ist. Wo auch ein männlicher Held Zweifel und Angst zeigen kann. Wenn wir mehr in diese Richtung gehen könnten, das wäre ein schöner Erfolg des Nachdenkens über diese Sachverhalte.
Last but not least hier noch mein #1ReasonToBe (ok, eigentlich sind es 3): Großartige männliche Kollegen, denen sexistische Sprüche manchmal viel unangenehmer sind als mir. Der Spaß, den es bringt, vom Facility Manager bis zur obersten Exekutivebene mit Nerds und Gamern zusammenzuarbeiten. Und natürlich die ungeheuere Freude, jeden Tag mit Dingen arbeiten zu dürfen, die man liebt.
Es ist etwas ernüchternd wie hier über das neue Tomb Raider geschrieben und gesprochen wird. Ja, Lara Croft wird realistischer dargestellt, aber durch ihre immer noch sehr großen Brüste und ihr super hübsches Äußeres, wäre sie in einer echten Uni mit Sicherheit vielen Blicken ausgesetzt und noch mehr (Sexismus würde auch auftreten). Ihr Aussehen hat sich von einer künstlichen Polygonfrau mit unrealistisch großen und eckigen Brüsten zu einem besonders attraktiven Mädchen gewandelt, welches eigentlich viel eher dazu taugt ein funktionierendes Sexualobjekt für ebenso eher junge männliche Spieler zu werden. Ein hoch auf den Fortschritt bei der Computergrafik.
Sexualisiert wird sie im Spiel allerdings tatsächlich nicht. Das ist gut und daran „Schuld“ ist das Setting des Spiels, wo Lara eben am Anfang ihrer Abenteurerkarriere steht und Gefühle zeigt, verletzlich ist und so weiter. Doch an dieser Stelle kann man STOP sagen, denn alle Teilnehmer dieser Sexismus Debatte oder was auch immer das sein soll, haben wahrscheinlich aus Zeitmangel dieses Spiel nicht bis zum Ende gespielt. Man freut sich halt einfach schon, wenn mal ein Triple AAA Titel mit weiblicher Hauptrolle erscheint, aber das allein ist eigentlich noch lange nicht ausreichend. Im Fall von Tomb Raider ist es sogar einfach nur eine Mogelpackung.
Einige Stunden nach dem Spielbeginn hat Lara dann ja total traurig ihr erstes Reh getötet und ist in Rekordzeit zum Massenmörder mutiert, ups ich meine zur Massenmörderin. Die EntwicklerInnen des Spiels haben sich nicht nur Mühe dabei gegeben besonders „realistische“ (Euphemismus-alarm!) Sterbeanimationen und mit dem Gameplay verwobene Momente der schmerzhaften Selbstverstümmelung einzubauen, sondern sogar die ganzen Kampfszenen sind sehr blutig gestaltet worden und tja eben sooo realistisch. Welche Studentin würde in der realen Welt nicht mit einer Eisaxt etwa 20 Söldnern von hinten in den Schädel hacken damit das Blut nur so spritzt und dann im Laufe des Spiels mit einer AK47 sicher 300 Menschen töten. Wahrscheinlich ist es bei dem Reh einfach viel trauriger gewesen, aber hey abgesehen von der Scriptsequenz ist es auch vollkommen egal wie viele Tiere man wegballert, emotional reagiert sie dann nicht mehr. Bei mir entsteht eine starke ludonarrative Dissonanz beim Spielen und ich bin ganz sicher nicht mehr zur Suspension of Disbelief in der Lage. Anders ausgedrückt: das Gameplay steht in direktem Widerspruch zur Story und wem das total egal ist, dem ist auch die Frauenrolle total egal.
Lara fällt so vollkommen aus der Rolle, dass ich meine Kopf schütteln muss, wenn das als Fortschritt im Game Design gesehen wird. Sogar die Entwickler haben sich dafür quasi entschuldigt und zugegeben, dass das Gameplay nunmal Vorrang hatte. Denn was will die Zielgruppe? Einfach nur Ballerspiele! (Nicht Abenteuer oder Exploration). Die Lara Croft im Spiel sieht zwar weiblich aus und jammert ein bisschen mehr, aber ansonsten ist sie nichts weiter als ein sehr maskuliner kaltblütiger Killer wie aus Gears of War, Call of Duty oder gar God of War, nur dass diese Spiele eben nicht vorgeben etwas anderes zu sein und damit ehrlicher sind. Vielleicht sind es bei mir auch sehr enttäuschte Erwartungen, aber früher konnte man ein Tomb Raider Spiel auch noch Kindern geben, heute muss alles von Explosionen zerfetzt werden.
Was wirklich mal wieder Zeit wäre, wären Games wie The Longest Journey, Dreamfall oder Beyond Good and Evil.
Hier noch einige Links zum Thema Tomb Raider:
Ist das wirklich nötig?
https://i.imgur.com/frrZDky.gif
Ist das wirklich „badass“ oder einfach bescheuert? Müssen so „starke Frauen“ sein?
http://superlevel.de/spielkram/tomb-raider-vs-tomb-raider-battle-of-the-bodycounts/
Ist es wirklich das Ziel von „Feministinnen“, dass übertrieben brutale und inhaltlich belanglose bis dämliche Videospiele mit männlichen Protagonisten zu übertrieben brutalen Videospielen mit weiblichen Protagonisten und ähnlich dummer Story werden?
http://www.gametrailers.com/side-mission/47532/talking-tomb-raider-shipwrecked-by-violence
Um das festzuhalten, ich habe Tomb Raider nicht gespielt, habe es auch nicht vor.
Den Umstand, dass für die meisten Spiele mit ambitionierter Erzählung eine Spielmechanik, die massenhaftes und grafisch detailliertes Töten beinhaltet, vollkommen unpassend ist, ignoriere ich tatsächlich vollständig. Das Problem ist, dass Shooter von der Mainstream-Spieleentwicklungsszene gegenwärtig als das einzige narrative Vehikel angesehen werden, das im Triple-A-Bereich, zu dem auch Tomb Raider gehört, zur Verfügung steht. Vermutlich weil sie sich als einzige Spielmechanik angemessen der Gewinnerwartungen für diesen Bereich verkauft. Insofern bewerte ich die Geschichte nur nach dem, was sie versucht zu vermitteln, und erwarte tatsächlich, dass die Spielhandlungen dann über weite Strecken im Konflikt mit der Erzählung stehen. Das ist aus meiner Sicht einfach der traurige Status Quo und kein spezifisches Problem von Tomb Raider.
Zur Attraktivität der Spielfigur: Steht für mich auf einem anderen Blatt. Das ist eben wie, wenn Schauspieler zu attraktiv für ihre Rollen sind. Ich weiß, dass wird oft als Ausbeutung gescholten, ist aber das Ergebnis von Kapitalismus + positive neurophysiologische Reaktion des Gehirns auf attraktive Körper.
Beim Lesen von Brainslugs Kommentar mußte ich dann doch ein wenig schmunzeln. Das war ja wirklich fast schon 1:1 das, was im Podcast beschrieben wurde! „Es gibt hier Probleme mit Sexismus.“ – „Ja aber in Afrika hungern die Kinder.“ Bzw. die Gewalt in dem Spiel ist völlig unrealistisch, wenn man eine glaubwürdige Charakterdarstellung haben möchte.
Ja, ist sie natürlich! Aber darum geht hier nicht. 😉
Die lange Form war sehr schön anzuhören, insbesondere die sehr unterschiedlichen Interviews, die ein Thema aus mitunter disparaten Perspektiven erörterten, gefiel. Dabei ist das Interview mit Andreas Lange besonders auffällig in seiner Nichttiefe, was ich aber dem Interviewee zu Lasten lege, da er nur wenig Bereitschaft gezeigt hat, die Probleme anzugehen, welche hier so ausführlich besprochen wurden. Zwischenzeitlich hatte ich doch den Eindruck, dass seine Ausstellung eine PR-Aktion sei. Daneben steht Lange wahrscheinlich deutlicher unter Rechtfertigungsdruck, dass zu tun was er tut, als die anderen Diskussionsteilnehmer.
Die Diskrepanz zwischen Gameplay und Narrativ, fällt finde ich bei Tomb Raider weniger stark auf, als bei dem anderen „Kritikerliebling“ Spec Ops the Line, in dem ja gerade das Tontaubenschiessen selbst Thema ist. Dabei wird die „ludonarrative Dissonanz“ umso greifbarer, weil das Spiel mich letztlich nur vor die Wahl stellte, nicht weiter zu spielen. Deutlich interessanter bei Tomb Raider gestaltete sich meiner Meinung nach, die Auseinandersetzung mit einer Umgebung, die als lebensfeindlich und abweisend wahrgenommen wird, sei sie humaner oder inhumaner Art. Und möglicherweise kann dieses Spiel abseits von Coming of Age Narrativ und der Darstellung von weiblichen Protagonistinnen, als spielerische Gestaltung der Auseinandersetzung von Kultur-Natur-Whatever diskutiert werden….
Aber da es hier ja um die Gestaltung von „Frauenbildern“ ging. Abgesehen davon, dass dieses Spiel unbedingt aus der Perspektive von Geschlechtsidentitäten oder feministischen Kritiken zu lesen und zu kritisieren ist, ging der Spielejournalismus und die Community vielleicht einer allzu einfachen PR-Kampagne auf den Leim.Der Fortschritt, der behauptet oder debattiert wird, ist nicht festzustellen. Wer auch nur einmal über das Konzept des male gaze [The male gaze occurs when the camera puts the audience into the perspective of a heterosexual man. It may linger over the curves of a woman’s body, for instance. wikipedia] gestolpert ist, kann dieses Spiel nicht als emanzipatorischen Beitrag für die weiblichen „Spielediskursteilnehmer_nen“ verstehen. Der Blick auf Lara richtet sich möglicherweise nicht mehr an den imaginären „14. Jährigen – Core-Gamer“, bleibt aber in den visuellen Bedingungen der objektivierten Weiblichkeit. Identität ist in diesem Spiel so fest in heteronormativen und binären Bahnen eingebunden, wie im gesamten medialen Diskurs. Spiele wie Dys4ia oder Analogue: A hate story konfrontieren Spieler_nen mit Möglichkeiten des anderen Selbst, die Chrystal Dynamics wahrscheinlich nicht einmal ahnt. Mir ist aber sehr klar, dass Square Enix und Crystal Dynamics mit diesem Spiel Geld verdienen wollen und natürlich innerhalb etablierter Regeln und Diskurse agieren und genau aus diesem Grund kann Tomb Raider niemals den Beitrag leisten, der versprochen wurde. Vielleicht kann Tomb Raider aber indem es Gespräche befördert und mit Sarkeesian und #1reasonwhy etc. kontextualisiert wird, Themen problematisieren und Perspektiven hörbar machen, aus denen diese Beiträge zu einer schöneren Welt entstehen könnten.
Für das nächste Interview mit Anne wünsche ich mir einen „sag ich mal“-Filter
Ich muss ebenfalls sagen das ich das längere Format angemessen finde. Zwischendurch zieht es sich etwas, aber im großen und ganzen ein sehr gelungener Beitrag. Vielen Dank!
Lieben Gruss
Vanessa
Die meisten Frauen haben übrigens nicht so sehr ein Problem mit „the male gaze“ sondern mehr damit, daß es umgekehrt nicht auch „the female gaze“ gibt. Sex, Erotik und schöne Körper sind etwas Wunderbares!
Der Sexismus fängt da an, wo die Gesellschaft (und das ist nicht das Problem der Spieleindustrie allein) Frauen einfach nicht zugesteht, ebenso sexuelle Wesen zu sein wie Männer. Weil „Frauen sowas einfach nicht tun“ und nur Männer „total triebgesteuert sind“. Was natürlich völliger Quatsch ist, aber leider immer noch gesellschaftlicher Konsens (und das trotz 6 Staffeln Sex and the City ^^). Ich persönlich spiele zum Beispiel lieber männliche Charaktere, aus dem ganz einfachen Grund, weil ich lieber einem Mann auf den Hintern starre als einer Frau. Und ja, das macht den Mann in dem Moment zu seinem Sexobjekt. Hab ich kein Problem mit. ^^
Der Feminismus hat leider oft einmal die Tendenz, Frauen zu den besseren Menschen zu stilisieren. Weibliche Eigenschaften werden als positiver dargestellt und alles was instinktiv, brutal oder sexualisiert ist dem Mann angedichtet. Dabei sollte sich so langsam aber sicher die Erkenntnis durchsetzen, daß es keine männlichen oder weiblichen Eigenschaften gibt, und daß sich Weibchen und Männchen eigentlich so gut wie gar nicht voneinander unterscheiden. Aber bis dahin ist noch ein langer, langer Weg.
Ich warte ja immer noch auf eine starke Gangsterbraut in einem der nächsten GTA-Teile, die ihren Lover verprügeln und sich Callboys kommen lassen kann. War eine ziemliche Enttäuschung, daß GTAV zwar mehrere Lead-Charaktere hat, aber wieder keine Frau. 🙁
Woah, schöne Diskussion, vielen Dank für eure Kommentare!
@André: Dieses Trotzverhalten, was du ansprichst, ist eigentlich genau das, was ich meinte, dann habe ich mich vielleicht missverständlich ausgedrückt. Deiner Derailing^2-Interpretation würde ich aus persönlichen Erfahrungen allerdings entschieden widersprechen.
@Brainslug: Was @lady8jane sagt. (Danke!)
@Alex: Ja, und einen „sozusagen“-Filter für mich. Aber irgendwas ist immer. Sozusagen.
Hab zwar gerade nichts direkt etwas zu der Diskussion beizutragen, wollte aber trotzdem ein Dankeschön für die gelungene Podcast-Folge da lassen. Schön bei einem Spaziergang durch das Frühlingshafte Hamburg genossen.
Vielen Dank für diesen schönen Podcast, den ich an keiner Stelle langatmig fand, obwohl er fast 2 Stunden Laufzeit hat. Ich freue mich vor allem immer wieder darüber, wenn zu brisanten Themen verschiedene Perspektiven zu Wort kommen, zumal mich Tomb Raider selbst eine Weile beschäftigt hat.
Das Problem mit kurzen Beiträgen für Fernseh- und Rundfunk kann ich gut nachvollziehen: Man hatte gute, manchmal sogar ein bis zwei Stunden lange Gespräche mit Interviewpartnern geführt und muss dann alles so runterbrechen, dass es in vier Minuten passt. Oftmals ein Dilemma, bei dem man nach und nach einen Lieblings-O-Ton nach dem anderen tilgt. Manchmal wirklich schade ums Material, aber dafür gibt´s ja zum Glück Internet.
@monoxyd: Na, ich habe das schon praktiziert gesehen oder es zumindestens so empfunden, aber man kann das „oft“ sicherlich durch „manchmal“ ersetzen. In jedem Fall hat die Feststellung „dieses Statement ist derailing“ oft (hier tatsächlich) den Effekt einer Ausgrenzung und bedient damit ein Bedürfnis nach Abgrenzung. Kann man ja auch an Brainslug sehen. Wenige Leute widerstehen der Versuchung , soetwas wie derailing, auch wenn sie es zu recht irgendwo erkennen, zu labeln, anstatt dieses Wissen zu nutzen, um ihre Reaktion zu formulieren. Freilich kann das Ansprechen auch gewollt sein, um Grenzen zu ziehen und zu verhindern, dass eine Diskussion übernommen wird. Aber es schafft auch einen Raum eingeschränkter Argumentation, der gerade Menschen, die vielleicht (noch) nicht so viel Verständnis für die verschiedenen Sichtweisen auf ein Thema haben, ausschließt.
Wie auch immer, ich habe es sowieso nur präventiv dazu geschrieben. Da ich sowohl eine spezifische Analyse der Spielerpsychologie durch eine allgemeine ersetzt habe, die keine besondere Würdigung der Rolle von Sexismus mehr enthält. Als auch die Probleme mit weiblichen Spielfiguren direkt auf die von männlichen umgelenkt habe. 😉
Ich denke, Remember Me könnte eines der Spiele werden, die Geschlechtergerechtigkeit weiter normalisieren. Der Entwickler hat in Interviews auch ein bisschen aus dem Nähkästchen erzählt warum das IP mit nur weiblicher Hauptperson von einigen Verlagen direkt abgelehnt wurde.
http://www.eurogamer.net/articles/2013-03-19-why-publishers-refuse-games-such-as-remember-me-because-of-their-female-protagonists
Tolle Folge mit guten Interviews! Die Gegenüberstellung mit dem Radiobeitrag war auch sehr interessant, bitte mehr davon 🙂
Mir hat die Folge sehr gut gefallen. Die längere Laufzeit war doch auch mehr als angebracht. Die eingebetteten Interviews waren sehr informativ und auch passend!
Nun mal ein kleines outing. Ich bin fast 30 und weiblich und spiele schon sehr lange Videospiele. Noch nie habe ich mich darüber aufgeregt, dass Mario die Prinzessin rettet. Bzw noch nie gefragt, warum es nicht andersherum ist.
In Left 4 Dead habe ich gerne den weiblichen Charakter gespielt, aber ich könnte nicht benennen warum.
Und gestört hat es mich auch nie, in vielen vielen Spielen nur den männlichen Part zu spielen. Eben weil es ein Spiel ist. Das Spiel verlasse ich, sobald ich vom Schreibtisch aufstehe, oder die Konsole/den Handheld abschalte.
Ich würde ein Spiel mit einer weiblichen Hautpfigur nie dem mit einer männlichen vorziehen.
@sonderbares: Es geht nicht vordergründig darum, weiblichen Spielern eine Identifikationsfigur zu liefern.
Die Hauptziele sind im Prinzip folgende: Computerspiele als neues Erzählmedium sollen auch für die Perspektive und die Geschichten von Frauen erschlossen werden. Die Unterhaltungsform soll nicht bestehende gesellschaftliche Benachteiligungsstrukturen und Stereotype über die Geschlechter gerade bei jungen Konsumenten verfestigen. Die Spieleentwicklungsszene soll ökonomisch und professionell für Frauen geöffnet werden.
Danke für diese Podcastepisode.
Das einmalige Radiobeitrag-und-Podcast-in-einem-Experiment hat mit gefallen.
Und der ganze Rest war einfach nur gut gemacht.
Die Damen im ersten Teil konnten mich leider gar nicht überzeugen. Der Podcast insgesamt hat mir aber sehr gut gefallen, das Thema ist auch super spannend. Vor allem der abschließende Teil mit Anjin Anhut war top. Ich musste tatsächlich erst einmal meinen Beissreflex unterdrücken, um keinen Rant zu schreiben 😉
Was mich stört ist, dass hier immer davon geredet wird, dass es Frauen- und Männerspiele braucht und dass Männer und Frauen unterschiedliche Dinge mögen. Frauen haben durchaus auch Spaß an „Männerspielen“ auch wenn diese „böse sexistisch“ sind.
@Ricarda: Da handelt es sich um ein Missverständnis. Es geht nicht darum, dass nur bestimmte Leute an bestimmten Spielen (oder Erzählarten in Spielen) Spaß haben. Es geht darum, dass es es zu wenige Alternativen gibt.
Ich höre mir das jetzt erst mal an bevor ich zum Inhalt des Podcasts Stellung beziehe aber Andre muss ich kurz zitieren da er mit naiver Unwissenheit sehr schön zeigt wie einfach er sich die Welt vorstellt:
„Die Spieleentwicklungsszene soll ökonomisch und professionell für Frauen geöffnet werden.“
Die „Szene“ ist eine Armee aus passionierter Indie-Entwickler die als Einzelkämpfer versuchen zu überleben und gleichzeitig ihr „Baby“ erfolgreich werden zu lassen und auf der anderen Seite einfach nur riesige Design-Studios. Das ist keine homogene Masse die sich hinter verschlossenen Türen versteckt.
Als Software-Entwickler weiß ich nicht was du mit ökonomisch verschlossen meinst. Klingt für mich ehrlich gesagt nach einer leeren Phrase. Unter „professionell verschlossen“ kann ich mir zumindest etwas vorstellen, auch wenn ich die schlechte Position der Bewerberinnen (und Bewerber) eher auf die wenigen Unternehmen zurück führe.
Es gibt ja auch einige Entwicklerinnen. Aber wie so oft findet man die interessanten Titel nur im Indie-Bereich. Auch wenn es um Frauen als Urheberinnen geht.
Zunächst, ich vermittle hier nur, auf welche Veränderungen aus meiner Sicht die feministische Kritik abzielt. Ich habe aber selbst eine Außenperspektive.
Ich hoffe, ich verletze keine Gefühle, aber natürlich denke ich nicht an die Indieszene. Da herrschen Selbstausbeutung und prekäre Verhältnisse vor. Und es wird eher selten viel Geld verdient. Warum sollten Feministen darauf abzielen, mehr Frauen in solchen Umständen zu platzieren? Nein, es geht denen sicherlich um wenigstens halbwegs robust finanzierte Studios und die Publisher. Vielleicht noch Freelancer, wenn es da attraktive Nischen gibt.
Ich kann das tatsächlich überhaupt nicht beurteilen, aber für die Entwicklungsszene — in diesem Sinne — steht der Vorwurf im Raum, dass offener und latenter Sexismus festgemacht, unter anderem daran, dass Frauenkörper selbstverständlich als Reizmittel für männliche Spieler eingesetzt werden, es Frauen schwerer machen in diesem Umfeld zu arbeiten und Anerkennung zu finden.
Ökonomisch öffnen bedeutet mehr weibliche Unternehmer und ihr Kapital anzuziehen. Durchaus auch frauendominierte Unternehmen aufzubauen. Ich meine, keiner zuckt, wenn einem 15köpfigen Entwicklungsteam nur Männer angehören, der Umkehrfall existiert vermutlich gar nicht. Insofern die Branche für Frauen kein attraktives Umfeld bietet, werden natürlich auch weniger Frauen dort Geld investieren wollen. Professionell öffnen bedeutet genau das, Arbeitsplätze, und dazu gehört eine ansprechende und sichere Arbeitsumgebung.
@André
Ja, sauber runtergebrochen, wie es businessmäßig aussieht. Dafür, dass du eine „Aussenperspektive“ hast, kannst du aber ganz gut gucken. 😉
Ich möchte aber noch die Nachwuchsfrage hinzufügen, und da gehören auch Indie’s mit dazu. Viele Menschen die Spiele machen wollen haben zunächst mal zuvor eine Begeisterung für Spiele entwickelt… als Spieler und Teil der Spielecommunity. Da kann man sich jetzt anschauen, in wie weit das Übermass an männerzentrierten Produkten und die männerzentrierte Spielekultur da ein Umfeld bieten, in dem Frauen sich willkommen fühlen.
Ausserdem – bin ja Dozent an einer Gamesschule – lohnt es sich auch einen Blick auf Ausbildungsstätten zu werfen und zu schauen, was da gemacht wird, um trotz der momentan massiven Überzahl an männlichen Studenten ein faires Umfeld zu bieten, in dem weibliche Studenten für sie interessante Inhalte bekommen und sich mit ihren Vorstellungen einbringen können. Ist nämlich gar nicht so selbstverständlich, wie es klingt.
Also auch für den Indiebereich (bezogen auf Autorenspiele), wenn wir da mehr Frauen haben wollen, fängt das ebenso schon bei der Kultur an, nicht erst bei Vorstellungsgespräch bei grossen Firmen.
Cheers.
Mir hat die Folge sehr gut gefallen. Die längere Laufzeit war doch auch mehr als angebracht. Die eingebetteten Interviews waren sehr informativ und auch passend!
Nun mal ein kleines outing. Ich bin fast 30 und weiblich und spiele schon sehr lange Videospiele. Noch nie habe ich mich darüber aufgeregt, dass Mario die Prinzessin rettet. Bzw noch nie gefragt, warum es nicht andersherum ist.
In Left 4 Dead habe ich gerne den weiblichen Charakter gespielt, aber ich könnte nicht benennen warum.
Und gestört hat es mich auch nie, in vielen vielen Spielen nur den männlichen Part zu spielen. Eben weil es ein Spiel ist. Das Spiel verlasse ich, sobald ich vom Schreibtisch aufstehe, oder die Konsole/den Handheld abschalte.
Ich würde ein Spiel mit einer weiblichen Hautpfigur nie dem mit einer männlichen vorziehen.
sonderbares/Dante V: Kommentarkopie? Hintergrund?
Sogar Alternativlos erscheint mittlerweile in kürzeren Abständen als Die Wahrheit. Marcus, was ist los?
Macht ihr auch mal was über das Computerspielmännerbild? Ihr wisst schon, das sind die, auf die man üblicherweise schiesst. Vorzugsweise in den Kopf.