Ich kann es ja nicht lassen, auch wenn es dafür manchmal auf die Fresse gibt. Die Diskussion um Geschlechterbilder. Wenn ich mich damit beschäftige, hat das meistens nichts mit meinem Job zu tun, aber mit Lollipop Chainsaw gab es dann doch einmal einen nicht zu übersehenden Berührungspunkt.
Die Frage ob wir es hier mit einem mäßig gelungenen Prügeltrash, gelungener ironischer Brechung mit Bildungscharakter oder einer sexistischen Masturbationsvorlage zu tun haben, hat dann ja doch das eine oder andere Gemüt erhitzt.
Umso dankbarer bin ich Jagoda (Twitter, Blog) und Micha (Twitter, Blog) umso dankbarer, dass sie mir eine stressfreie Diskussion ermöglicht haben, die euch vielleicht auch noch etwas bringt. In der guten Stunde ging es natürlich nicht nur um das Spiel an sich, sondern auch noch ein paar Dinge, die sich in letzter Zeit zeitnah zugetragen haben:
- What The Hell Is With That Hitman Trailer?
- Does Tomb Raider’s Lara Croft really have to be a survivor of a rape attempt?
- Irréversible
- Der freie Wille
- Tropes vs. Women in Video Games
- Objectification and Lollipop Chainsaw
Falls ihr noch etwas zur Diskussion beitragen wollt, könnt ihr das gerne in den Kommentaren tun.
Podcast: Play in new window | Download (Duration: 1:02:07 — 42.7MB)
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PS: Was mir ergänzend zur Verschwörungstheorie erst nach der Aufnahme einfiel: Die Kettensäge der Protagonistin ließe sich auch als Kombination aus Phallussymbol und Vagina dentata ansehen. 🙂
Teo meint
Er hat „Drehmäscher“ gesagt!
HellGreetings meint
Ehrlich gesagt glaube ich, dass es nur eine Hand voll Leute gibt, die nicht erkennen können, dass das Frauenbild in dem Spiel ironisch gemeint ist. Und das sind vermutlich die Leute, denen man eh nicht mehr helfen kann – weder mit Argumenten noch mit Vernunft – weil solche Menschen das Problem mit Sexismus gar nicht verstehen können. Da ist so ein Videospiel imho dann auch egal…
Scheinprobleme meint
Noch eine Ergänzug zu dem Themenbereich „Muss ich mir als Spieler bewusst sein, dass ich bei einigen Spielen eventuell 2.000 Jahre alte Unterdrückung der Frau fortführe“?
Ich bleibe bei nein und dass man bitte spielen soll, was einem Spaß macht. Aber vielleicht erzählt man ja jemandem von einem „kritischen“ Spiel und kann beiläufig erwähnen, dass das Frauenbild suboptimal ist. Oder ich blogge zu Spielen und könnte auch dort etwas zu dem Thema anmerken. Oder ich podcaste zu diesem Spiel und ignoriere auch hier diesen Bereich nicht völlig. Einfach nur, um ein kritisches Bewusstsein zu schaffen.
Das wäre schön und das wäre möglich. Oder? 🙂
Jingleball meint
Möglich denke ich auch und sollte auch so gemacht werden. 🙂
Ich finde es allerdings etwas schade, dass im Allgemeinen die Diskussionen um dieses Thema etwas reisserisch und hin und wieder auch belehrend wirken. Kaum weichen die Eindrücke und Meinungen etwas ab, wird sofort in Waden gebissen und ich verstehe absolut nicht, warum das so ist.
Ich habe mir den Podcast angehört und habe da noch zwei Anmerkung dazu: Scheinprobleme, du sagst in der zweiten Hälfte folgendes – „Leute, die eine junge, nackte Frau sehen wollen, sollen sich gefälligst einen Porno ansehen aber kein Spiel spielen.“
Ich bin irritiert. Inwiefern ist diese Aussage weniger sexistisch. Ist ein Pornofilm etwa ein „erlaubtes Medium“ für Sexismus? Ich finde diese Aussage aus der Richtung einer „Sexismus-Gegnerin“ etwas fraglich. Wenn du wirklich glaubst, ein Porno sei okay im Bezug auf das Frauenbild, dann wüsste ich gerne warum. Wie ernst soll ich solche Aussage nehmen?
Die zweite Anmerkung ist, dass ich auch ziemlich verwundert war, wie man den Jim Sterling-Artikel so missdeuten kann. Wie Monoxyd schon sagte, habe ich den Eindruck, dass dort evtl schon eine „Ich sehe in allem nur noch das Schlechte“-Schleife eingetreten ist. Du sagst, „alle sollen vielleicht mal etwas zurück treten und das Ganze betrachten“. Naja, ich denke das tun viele schon, könnten klar mehr sein, aber ganz unterm Teppich landet das Thema ja nicht. Und das „Ganze betrachten“ wäre da evtl für dich auch mal gut, bezogen auf Jim Sterling. 😉 Das wirkte auf mich etwas extrem.
Bitte nicht falsch verstehen. Ich bin klar gegen Unterdrückung von Frauenrechten, differenziere aber dennoch klar heraus. Ich bekomme beim Thema Nacktheit oder Minirock nicht gleich die Krise und ich lasse den Männern auch gerne den Vorrang, wenns ums schleppen der Einkaufstüten geht.
Ansonsten sehe ich z.B. Lollipop Chainsaw genau wie Micha und ich habe mich über die Flachheit des Spiels sehr amüsieren können. Ich kenne aber Suda’s Zeug und wusste schon was kommen wird, sowohl spielerisch als auch inhaltlich. Aber über Geschmäcker kann man sich ja bekanntlich gut streiten, mache ich aber grundsätzlich nicht. 🙂
Scheinprobleme meint
Nunja, ich halte es so, wie mein Literaturprof es mir beibrachte: Pornografie dient einzig allein dem Zwecke sexuell zu stimulieren. Dadurch kann man Werke die explizites enthalten gut von pornografischen Werken unterscheiden. Und wenn sich Juliet auf ihrem Bett räkelt und säuselt sie hätte nichts gegen Spaß… zu welchem Zwecke soll das denn sein? Und ja, das Pornografische sollte nichts in massentauglichen Spielen zu suchen haben.
Pornografie aber allgemein verteufeln finde ich ebenso falsch. Selbst wenn das dortige „Frauenbild“ allgemeinhin mehr als zweifelhaft ist. Darum bleibe ich auch bei der Aussage 🙂
Das zu Jim Sterling habe ich schon halb im Podcast wieder zurückgenommen. Da müsste ich mir erstmal in Ruhe noch länger Gedanken zu machen. Bisher definitiv noch nicht geschehen.
Fand den Podcast im speziellen jetzt aber nicht Wadenbeisserisch…
Jingleball meint
… im speziellen nicht nein, aber im Allgemeinen sind die Internet-Diskussionen relativ anstrengend und wenig zielfördernd. (siehe Polyneux oder was weiß ich)
Sex/Porno in Videospielen: Ich bin mir nicht so sicher, ob wir da sehr verschieden denken oder einfach nur aus anderen Richtungen betrachten. Ich finde Sexszenen oder Andeutungen in Spielen nicht verwerflich, wenn sie denn altersentsprechend sind und nach Möglichkeit schön umgesetzt sind. Ich meine, so ganz ohne Sex und seinem Dunstkreis wären wir alle nicht hier. Ich rede jetzt vorwiegend von Szenen, wie in Dragon Age, Mass Effect oder Heavy Rain.
Ich meine ganz ehrlich. Die ersten Erfahrungen machen die meisten Jungs nunmal mit billigen Heftchen im Badezimmer. Und das ist weder schlimm, noch sollten sie sich dafür schämen. Und Typen wie Juliet, die sich halt so kleiden usw. gibt es nunmehr wirklich, die sind nicht nur Fiktion und diese Mädels sind ganz freiwillig so und werden nicht erst durch die Herren so geformt. Wenn eine Juliet also in einem Porno auftaucht ist das also weniger gruselig, als wenn sie es in einem Videospiel tut? Okay, hier kommen wir denke ich nicht zusammen. 😉
Es ist ja auch weitreichend bekannt, dass die Japaner auch sexuell etwas anders ticken als wir aus dem Westen. Das sollte man bei derartigen Spielen auch nicht ganz vergessen. Lollipop ist in erster Linie immernoch ein Videospiel, welches Frauen und Männer mit viel Augenzwinkerei betrachtet. Dem einen passt das, dem anderen weniger. 🙂
Ihr hattet im Podcast ja auch Filme angesprochen, wie z.B. „Der freie Wille“. Dort werden Vergewaltigungen an Frauen auch sehr klar bebildert, mit langen Szenen, die sehr freizügig sind. Hier kann man zwar sagen, der Film diene nur zu Erklärung des Selbsthasses des Vergewaltigers. Man könnte aber auch sagen, dass es da draußen sicherlich einige Penner gibt, die sich daran eher aufgeilen, oder nicht? Nur der Erklärung wegen muss man die etlichen Vergewaltigungen ja nicht so harsch zeigen, nicht wahr?
Das liegt eben alles im Auge des Betrachters, ich glaube, da kann man eben schwer in „Richtig“ oder „Falsch“ einteilen.
Scheinprobleme meint
Ja Dragon Age ist ein wunderbares Beispiel. Das Sexuelle ist dort eben nicht pornografischer Natur, nur weil es explizit ist. Es stellt die Figuren dar mit all ihrer Vielschichtigkeit und ihren tiefergehenden Beziehungen zu anderen Figuren. Egal ob Mann oder Frau. Er gehört zum Leben dazu. Ganz anders als bei Juliet Starling, deren Vielschichtigkeit sich auf Millimeterebene bewegt. Dort sehe ich den einzigen Zweck im Aufgeilen.
Und nein mir ist tatsächlich noch nie so ein Mädchen begegnet. Weder äußerlich noch „innerlich“. Gänzlich unbekannt.
Ich sehe also zwischen DA und LC himmelweite Unterschiede, weshalb ich das eine schlecht finde und das andere toll.
Aber das etwas „immer schon so war“ oder bei dem Regisseur schon „immer so war“ ist für mich aber kein gutes Argument, da es seine Plausibilität einzig auf Autoriäten aufbaut. In dem Fall wäre Suda 51 die Autorität, der so etwas zugstanden werden darf.
Den Film habe ich nicht gesehen, dazu kann ich leider nichts sagen.
Jingleball meint
Aber dieses „das war doch schon immer so “ steht doch nirgends. Also jedenfalls nicht in meinem Geschreibsel. 🙂
Und mal davon abgesehen, dieser SUDA kann auch anders. Aber ich mache mir da auch nichts vor. Von einem Spiel, was „Lollipop Chainsaw“ heisst, erwarte ich von vornherein keinen Inhalt eines Friedrich Nietzsche.
Ich denke, wir haben unsere Ansichten jetzt ganz gut dargestellt. So long. 😉
Michael Cherdchupan meint
Drehmäscher. Urks.
Ja, war ein langer Tag. Müdigkeit und daraus resultierende Wortfindungsprobleme Ahoi! 😉
@twitter-18016223:disqus
Ja, mit dem Thema soll und kann man kritischer umgehen. Das wäre auch mein Appell. Außerhalb unseres Podcasts eskalieren die Diskussionen allerdings in alle Himmelsrichtungen, was zu Beleidigungen, Übersensibilisierungen, Abstumpfungen, aber eben nur nicht zu wertvollen Ergebnissen führt. Wirklich schade. Ärgerlich, dass dem Hoi polloi eine selbstverständliche Reflexion, ein Bewusstsein für sich und die Umgebung, offenbar nicht inne wohnt.
Ursula Maria meint
Ich sehe das ähnlich wie Michael: Erwachsene Menschen können differenzieren und sind in der Lage, Ironie wahrzunehmen und zu verstehen (zumindest die meisten). Jugendliche können das oft noch nicht.
Allerdings möchte ich an der Stelle dann auch gerne Brandon Sheffields Artikel auf Gamasutra einwerfen: „Video games and Male Gaze – are we men or boys?“ Sehr lesenswert!
Monoxyd Mac Judge meint
Wenn du mir einen Link da lässt, würde ich das noch oben nachtragen. 🙂
Ursula Maria meint
Ups, sorry! Bitteschön: http://www.gamasutra.com/view/news/173227/Opinion_Video_games_and_Male_Gaze__are_we_men_or_boys.php
crushed_scheiss meint
Schöne, größtenteils unaufgeregte Diskussion, danke dafür. Aber Jagoda könnte unter Umständen über ein neues Mikro nachdenken.
So, jetzt zum Inhalt:
Ich kann sowohl Jagodas als auch Michas Punkt (zur Jugendfreigabe) vollkommen nachvollziehen.
Ich wusste bis zum hören des Podcasts nicht mal, dass das Spiel ab 16 freigegeben ist. Und jetzt versetzen wir uns mal in einen 16- oder 17-jährigen jungen Mann. Mitten in der Pubertät. Spielball seiner ständig durchdrehenden Hormone. Stellen wir also vor, wir spielen dann dieses Spiel und sehen in der ersten Szene den nur leidlich bedeckten Körper der Protagonistin. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir denken: „yah, das ist ja vollkommen überzogen, hier wird doch nur das Frauenbild ironisch überzogen, um den strukturellen Sexismus der Gesellschaft im allgemeinen und in Videospielen im speziellen darzustellen.“ Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir denken: „boah. titten. arsch. boah.“ und uns einen runterholen?
Genau.
Was mich sehr stört ist das Spiel mit dem Barely-Legal-Content. Die willkürliche Grenze zwischen „verwerflich“ und „okay“ ist der 18. Geburtstag. Wenn sich Mitte-30-Jährige Sex mit einer 17-jährigen vorstellen, ist das verwerflich. Aber hey, sie ist jetzt gerade 18 geworden! YEAH dann ist das vollkommen okay. Dass die geistige Reife wichtiger ist als eine bloße Zahl, wird da also vollkommen vergessen. Abgesehen davon:Zeigt mir _eine_ 18jährige, die so aussieht wie die Protagonisten. Beine bis in den Himmel (schlanke natürlich), runder, knackiger, nicht zu kleiner Arsch, Wespentaille, und Brüste in Silikonoptik und -größe. Wenn hier also gesagt wird, es gibt Mädchen, die so aussehen und sich so kleiden wie Juliet, dann soll man mir ein Beispiel zeigen. Und damit meine ich keine Messe-Hostessen. Und warum kann eine Zombiejägerin nicht einfach _praktische_ , dem Zweck angemessene Kleidung tragen. Eine Miltaryhose, mit vielen Taschen und Schlaufen. Wo man Waffen, Munition, Lollipops verstauen kann zum Beispiel. Oder ein langes Oberteil, alleine um Zombieblutspritzer auf dem nackten Bauch zu vermeiden.
Ich habe tatsächlich noch nie einen männlichen Videospielprotagonisten gesehen, der in knappen Shorts und nacktem Oberkörper Gefahren bekämpft. Aber klar. Lara Croft läuft in Hotpants durch den Dschungel und Juliet Starling eben in Softporno-Cheerleader-Uniform durch ihre Schule und tötet Zombies.
Da läuft doch irgendetwas falsch. Dass es nicht falsch laufen muss, zeigt z.b. Mass Effect 3. Hier hat die weibliche Shepard, die man wählen kann, ein Outfit an, dass dem Anlass angemessen ist. Man kann die Kurven und Formen noch deutlich erkennen (wie bei der männlichen Version ebenfalls) und dennoch ist der Schutzanzug gleichberechtigt der Aufgabe angemessen. Es ist also eben doch so einfach.
Klar ist es zumindest schonmal nett, dass überhaupt eine weibliche Figur Protagonist ist. Aber wenn der Inhalt des Spiels (neben dem Abschlachten von Zombies) größtenteils daraus entsteht, dem Spieler eine Perspektive auf den Hintern und/oder in den Ausschnitt des spärlich bekleideten Mädchens aufzuzeigen und den Spielenden an den letzten Schulmädchenporno zu erinnern, dann ist mir lieber gar keine weibliche Figur. Zu der Boyfriend-Kopf-Sache: Wenn es so gemeint war, dann gilt hier wohl der Spruch: das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Denn der Großteil der Spielenden wird sich nicht sagen: „Oh, der arme. Jetzt sieht er mal, wie das so ist als Anhängsel“ sondern wird sagen: „haha, guck mal, ein Kopf vom Körper getrennt, wie lustig, yah geil, nochmal eine Möglichkeit den Arsch näher zu sehen.“Man kann überall eine Botschaft verstecken. Sicher. Aber manchmal ist das Offensichtliche so erschlagend, dass diese Botschaft nicht wert ist, herausgestellt zu werden. Denn selbst wenn dort der männliche Nick in einer Nebenrolle Accessoire seiner Freundin wird, rechtfertigt das nicht im geringsten die komplett übersexualisierte Darstellung der Juliet Starling. (Zur Information: Ich habe das Spiel selber nicht gespielt, nur dabei zugesehen. Und das hat mir gereicht.)Was ich mir wünsche, sind Videospielprotagonistinnen, die beweisen, dass man als starke Frau keine großen Titten haben und knappe Höschen tragen muss. In diesem Sinne: LOLLIPOP LOLLIPOP UH LALELALELALE.
dielilly meint
Schöne, größtenteils unaufgeregte Diskussion, danke dafür. Aber Jagoda könnte unter Umständen über ein neues Mikro nachdenken.
So, jetzt zum Inhalt:
Ich kann sowohl Jagodas als auch Michas Punkt (zur Jugendfreigabe) vollkommen nachvollziehen.
Ich wusste bis zum hören des Podcasts nicht mal, dass das Spiel ab 16 freigegeben ist. Und jetzt versetzen wir uns mal in einen 16- oder 17-jährigen jungen Mann. Mitten in der Pubertät. Spielball seiner ständig durchdrehenden Hormone. Stellen wir also vor, wir spielen dann dieses Spiel und sehen in der ersten Szene den nur leidlich bedeckten Körper der Protagonistin. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir denken: „yah, das ist ja vollkommen überzogen, hier wird doch nur das Frauenbild ironisch überzogen, um den strukturellen Sexismus der Gesellschaft im allgemeinen und in Videospielen im speziellen darzustellen.“ Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir denken: „boah. titten. arsch. boah.“ und uns einen runterholen?
Genau.
Was mich sehr stört ist das Spiel mit dem Barely-Legal-Content. Die willkürliche Grenze zwischen „verwerflich“ und „okay“ ist der 18. Geburtstag. Wenn sich Mitte-30-Jährige Sex mit einer 17-jährigen vorstellen, ist das verwerflich. Aber hey, sie ist jetzt gerade 18 geworden! YEAH dann ist das vollkommen okay. Dass die geistige Reife wichtiger ist als eine bloße Zahl, wird da also vollkommen vergessen. Abgesehen davon:Zeigt mir _eine_ 18jährige, die so aussieht wie die Protagonisten. Beine bis in den Himmel (schlanke natürlich), runder, knackiger, nicht zu kleiner Arsch, Wespentaille, und Brüste in Silikonoptik und -größe. Wenn hier also gesagt wird, es gibt Mädchen, die so aussehen und sich so kleiden wie Juliet, dann soll man mir ein Beispiel zeigen. Und damit meine ich keine Messe-Hostessen. Und warum kann eine Zombiejägerin nicht einfach _praktische_ , dem Zweck angemessene Kleidung tragen. Eine Miltaryhose, mit vielen Taschen und Schlaufen. Wo man Waffen, Munition, Lollipops verstauen kann zum Beispiel. Oder ein langes Oberteil, alleine um Zombieblutspritzer auf dem nackten Bauch zu vermeiden.
Ich habe tatsächlich noch nie einen männlichen Videospielprotagonisten gesehen, der in knappen Shorts und nacktem Oberkörper Gefahren bekämpft. Aber klar. Lara Croft läuft in Hotpants durch den Dschungel und Juliet Starling eben in Softporno-Cheerleader-Uniform durch ihre Schule und tötet Zombies.
Da läuft doch irgendetwas falsch. Dass es nicht falsch laufen muss, zeigt z.b. Mass Effect 3. Hier hat die weibliche Shepard, die man wählen kann, ein Outfit an, dass dem Anlass angemessen ist. Man kann die Kurven und Formen noch deutlich erkennen (wie bei der männlichen Version ebenfalls) und dennoch ist der Schutzanzug gleichberechtigt der Aufgabe angemessen. Es ist also eben doch so einfach.
Klar ist es zumindest schonmal nett, dass überhaupt eine weibliche Figur Protagonist ist. Aber wenn der Inhalt des Spiels (neben dem Abschlachten von Zombies) größtenteils daraus entsteht, dem Spieler eine Perspektive auf den Hintern und/oder in den Ausschnitt des spärlich bekleideten Mädchens aufzuzeigen und den Spielenden an den letzten Schulmädchenporno zu erinnern, dann ist mir lieber gar keine weibliche Figur. Zu der Boyfriend-Kopf-Sache: Wenn es so gemeint war, dann gilt hier wohl der Spruch: das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Denn der Großteil der Spielenden wird sich nicht sagen: „Oh, der arme. Jetzt sieht er mal, wie das so ist als Anhängsel“ sondern wird sagen: „haha, guck mal, ein Kopf vom Körper getrennt, wie lustig, yah geil, nochmal eine Möglichkeit den Arsch näher zu sehen.“Man kann überall eine Botschaft verstecken. Sicher. Aber manchmal ist das Offensichtliche so erschlagend, dass diese Botschaft nicht wert ist, herausgestellt zu werden. Denn selbst wenn dort der männliche Nick in einer Nebenrolle Accessoire seiner Freundin wird, rechtfertigt das nicht im geringsten die komplett übersexualisierte Darstellung der Juliet Starling. (Zur Information: Ich habe das Spiel selber nicht gespielt, nur dabei zugesehen. Und das hat mir gereicht.)Was ich mir wünsche, sind Videospielprotagonistinnen, die beweisen, dass man als starke Frau keine großen Titten haben und knappe Höschen tragen muss. In diesem Sinne: LOLLIPOP LOLLIPOP UH LALELALELALE.
SpielerDrei meint
Bezüglich Jims Sterlings Aussagen zu Sexismus kann es nicht schaden, hierdrauf zu verlinken. http://www.auntiepixelante.com/?p=912
Scheinprobleme meint
Nachdem mir in letzter Zeit so einige sehr beleidigende (gegenüber Blogs) und arrogante Tweets (zu allem) von ihm aufgefallen sind, kann ich am Wahrheitsgehalt dessen leider kaum noch zweifeln. Zumindest bestätigt es den Eindruck.
Glaube den Mann kann man langsam ad acta legen.
Netter älterer Herr meint
In diesem Zusammenhang sehr interessant:
http://www.destructoid.com/lollipop-chainsaw-s-james-gunn-talks-sexiness-and-sexism-231523.phtml
veggarden meint
Frauen und Kettensängen sind im kommen.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=LlzGK2uy7Es
Beurkeek meint
Zunächst danke ich euch vielmals für diese sehr interessante und vielseitige Diskussion zu diesem Spiel.
Was ich allerdings nicht verstanden habe, war Folgendes: Die von Jim Sterling angeregte Frage, ob Suda 51 durch Lollipop Chainsaw möglicherweise – durch die wahrscheinliche Identifikation mit der männlichen Hauptfigur – Spielern das Problem der Objektifizierung zu vermitteln vermag, wurde als relativ unwahrscheinlich, aber doch scheinbar als valide betrachtet, da eurerseits angeregt diskutiert – Jagodas Einwand hingegen, dass sich die vorliegende Situation durchaus auch anders ausdeuten ließe, mit einem vorschnellen (Achtung, aus dem Gedächtnis zitierten) „jetzt scheinst du aber überall nur das Böse sehen zu wollen“ abgetan.
Nun ist doch genau dies das Hauptargument, das ständig gegen vermeintliche oder tatsächliche Verschwörungstheorien ins Feld geführt wird. Warum aber greift es nur in dem einen Fall und nicht in dem anderen? Beide Thesen spiegeln unterschiedliche Blickwinkel wider, die hochgradig subjektiv, deshalb aber nicht minder nachvollziehbar sind. Zudem ließe sich der vorgebrachte Einwand ebenso auf Sterlings Idee anwenden: Hat er möglicherweise krampfhaft versucht, diesem Zombie-Slasher-Spiel respektive dem kreativen Kopf dahinter einen Bildungsauftrag anzudichten? Es ist schade, dass gerade in der ansonsten erfreulich differenzierten Diskussion, die ihr miteinander geführt habt, in diesem Fall ein gleichermaßen debattierbarer Punkt vorschnell fallen gelassen wurde.
@Jingleball:
„Ist ein Pornofilm etwa ein “erlaubtes Medium” für Sexismus? Ich finde diese Aussage aus der Richtung einer “Sexismus-Gegnerin” etwas fraglich. Wenn du wirklich glaubst, ein Porno sei okay im Bezug auf das Frauenbild, dann wüsste ich gerne warum. Wie ernst soll ich solche Aussage nehmen?“
Ganz einfach, Pornographie ist ein mediales Nischenprodukt. Ein riesiges, gar keine Frage, aber ein entsprechend deklariertes. Und, das ist viel wichtiger, ein nur eingeschränkt zugängliches. Hierdurch wird der in diesen Filmen bemühte Sexismus nicht explizit „besser“, aber eindeutiger ersichtlich – und eine unbeabsichtigte Konfrontation mit ihm unwahrscheinlicher. Sexismus in offen beworbenen Unterhaltungsmedien wie etwa Videospielen ist hingegen insofern problematischer, als dass er oft nicht angemessen gekennzeichnet, sondern homogen in ein erzählerisches Gesamtgefüge eingebunden wird. So kann schnell der Eindruck entstehen, dass Sexismus etwas normales, alltägliches ist, und entsprechend reproduziert werden.