Bioshock und Spec Ops: The Line haben eine Sache gemeinsam: Ihr Gameplay hat mich nach den ersten zwei Dritteln so wenig angesprochen, dass ich das Spiel einfach habe liegenlassen. Bei beiden Spielen gab es aber dann doch genug laute Stimmen, die geschworen haben, dass es sich total lohnt, bis zum Ende durchzuziehen. Bei Spec Ops hat es fast ein Jahr gedauert, bis ich Zeit und Muße hatte, das mal zu machen.
Ich wurde belohnt. Konstantin Frick, einer der Programmierer des Spiels, hatte mir in angespielt #037 nicht zu viel gesprochen . Meine Skepsis und Kritik über weite Teile des Gameplays sind immer noch valide, aber ich wurde tatsächlich für alle Makel entschädigt. Das letzte Viertel des Spiels ist großartig.
Da mir Sarah (Blog, Twitter) und Hendrik (Blog, Twitter) in angespielt #046 nahelegten, dass der Effekt bei Bioshock Infinite genauso sei, wollte ich dieses Mal nicht so lange warten. Und wurde herb enttäuscht. Aber etwas immerhin: Ich habe mich erstmals entschieden zu einem [angespielt] auch noch ein [angespoilt] zu machen, einen Podcast in dem wir über die beiden Spiele ohne Rücksicht auf Spoiler reden. Ihr seid also gewarnt!
Mit dabei sind außerdem Mats (Seite, Twitter) und Daniel (Twitter), die nicht nur Bioshock durchgespielt, sondern gerade auch ein ausführliches, analytisches Let’s Play zu Spec Ops an den Start bringen. Im Podcast reden wir vor allem über das Ende von Bioshock, den Wert der Geschichte, die verschenkten Potentiale und Anknüpfungspunkte. Spec Ops wird dabei immer wieder zum Vergleich herangezogen, es gilt quasi als Positivbeispiel. Besonderer Bonus: Es gibt auch eine Bulletstorm-Referenz. Aber hört selbst:
Podcast: Play in new window | Download (Duration: 1:16:00 — 52.2MB)
Subscribe: RSS
Über Anmerkungen, andere Perspektiven und Meinungen zur Darreichungsform freuen wir uns in den Kommentaren. Dem geneigten Hörer wird außerdem empfohlen, sich durch die Lektüre der folgenden Artikel weitere Ansichten zu Gemüte zu führen:
- Spec Ops, FC3 Writers On Art, Treating Players Intelligently
- Everything Bioshock Infinite Gets Wrong (Video)
- BioShock Infinite: Ken Levine On Box Covers, Faith And Building Games With Big Ideas
- Does the Sneaker Have to Matter? An Interview with Ken Levine
- Shocking, isn’t it?
- BioShock Infinite Is Insanely, Ridiculously Violent. It’s A Real Shame
- The Problem With BioShock Infinite’s Combat
- Infinite Privilege
- Bioshock Infinite and the terrible case for banning all white people from games journalism
Tim meint
Ach je, jetzt fühle ich wieder in die Ecke gedrängt, ein Spiel zu verteidigen, das ich eigentlich gar nicht so super fand, nur eben auch nicht im Ansatz schlecht.
Alleine daran, dass hier über eine Stunde lang über Hintergründe geredet wurde, kann man doch schon prima ablesen, dass sehr wohl Substanz hinter der Geschichte steckt.
Das Genre des Shooters ist steinalt und daher sicher etwas ausgelutscht, aber deswegen ist ein gut produzierter Vertreter doch noch lange kein schlechtes Spiel. Auch Elemente wie die comic-hafte, übertriebene Gewalt finde ich eher passend als abstoßend, sowohl auf der direkten (spaßiger Shooter) ebene, als auch auf der Meta-Ebene (Konstante: Shooter haben so zu sein).
Insofern halte ich BioShock Infinite (BI) für recht gut geraten.
Auch Spec Ops: The Line (SOTL) halte ich für einen sehr soliden Shooter, der sich auf den modernen Ansatz von ‚third person cover based‘ stützt (Gears), statt wie BI die ‚klassische first person‘ Variante (Quake).
Leider habe ich mich beim Spielen von SOTL stellenweise arg gelangweilt und wollte, nachdem ich jede mögliche Schattierung von Braun zum 3. Mal gezeigt bekommen hatte, nur noch, dass es endlich aufhört. Das Ende war sehr cool, aber wirkte aufgesetzt. Die Gedanken, die sich die Entwickler gemacht haben, waren gut, aber es war letzendlich eben doch nur ein solider 0815 Shooter mit interessantem Ende.
Ähnlich verhält es sich mit BI, nur dass hier noch sehr viel mehr Aufwand betrieben wurde eine hübsch anzusehende Welt zu bauen; ein Punkt der bei Spielen auch nicht ganz unwichtig ist. Ich für meinen Teil hatte viel Spaß, in Columbia herum zu laufen, sei es um zu erkunden, oder um zu ballern. Auch Elizabeth halte ich für sehr gut in das Spiel integriert. Sie hat an verschiedenen Stellen unterschiedliche Rollen eingenommen, die meiste Zeit war sie MacGuffin, der Haken an dem der Spieler durch die Welt gezerrt wurde (was nicht unbedingt nachteilig ist!, es ist für ein Spiel durchaus ein Pluspunkt, klar definierte Ziele zu haben), oft aber auch Proxy, durch den man die Wunder/Schönheit des normalen Lebens (z.B. die Strand-Szene) und auch speziell von Columbia (Elizabeth rennt etwa oft zu Fenstern und bestaunt ihre Umwelt) noch einmal vor Augen geführt bekam, und außerdem war sie ein nettes Erzählelement, da sie dem Spieler durch ihr lexikalisches Wissen Hintergrundinformationen zur Welt füttern konnte. Außerdem hat die Verwendung des Sky-Hook als Fortbewegungsmittel viel dynamik in manche der Kämpfe gebracht. Statt hinter kniehohen Wällen zu kauern durfe man durch die Luft sausen, von Bahn zu Bahn springen und dabei versuchen einige der Gegner auszuschalten. Schießbude vom Feinsten — genau das, was ich von einem klassischen FPS erwarte.
Ich schließe mich der Kritik auch gerne in Punkten an, z.B. dass es in BI ziemlich egal ist, welche Waffen man verwendet, insofern als dass man mit jeder Waffe alles erledigen kann, allerdings besteht schon ein enormer Unterschied in der Menge an Schaden, den einige der Waffen in der Lage sind auszuteilen. Dazu kommt das Upgrade-System, dass es dem Spieler erlaubt ‘seine Waffe’ noch weiter aufzuwerten.
Ein weiterer Kritikpunkt den ich an vielen Action-Spielen dieser Art heutzutage habe ist, dass sie mir zu lang sind. Ich kann prima 100+ Stunden Fallout spielen, aber nach etwa 8 Stunden geballer darf für mich gerne Schluss sein, selbst wenn immer mal mit Zwischensequenzen aufgelockert wird.
Und um noch einen Satz zur Meta-Ebene der Spiele zu verlieren, beide reflektieren über sich und das Sein, das eine auf sehr reale, verstörende Weise mit Bezug auf Krieg, das andere auf Basis von Sci-Fi und Metaphysik. In beiden fällen interessant und positiv anzurechnen.
TL;DR:
SOTL fand ich okay, aber dröge, mit heftigem Ende.
BI fand ich okay, mit viel Bunt und einer Prise Philisophie.
Beide keinesfalls schlecht.
(Mit Absprache des Autors aktualisierte Version des Kommentars. – monoxyd)
monoxyd meint
(In diesem Kommentar habe ich mich über die etwas rüde Umgangsform von Tim beschwert der dann, wie man an den nächsten Kommentaren sehen kann ein Einsehen mit meiner geschundenen Podcasterseele hatte und eine entschärfte Version nachgereicht hat. Ja, im Internet kann man sich auch ohne Tränen einig werden! Nehmt euch ein Beispiel!)
Tim meint
Erst einmal vielen Dank für die Nachsicht und Veröffentlichung.
Ich habe nicht vergessen, dass ihr das zum Spaß macht, aber ihr habt durch die Anzahl eurer Hörer auch eine gewisse Macht in Sachen Meinungsbildung und umso frustrierender ist es dann, etwas (für einen selbst) völlig unausgewogen, in klar falschem Licht dargestellt zu hören und trotz der Vielzahl an Teilnehmern niemanden zu haben, der den eigenen Standpunkt vertritt.
Ich habe falsch gehandelt, hätte den Text noch eine Stunde länger hier liegen lassen sollen, noch einmal drüber lesen, ein paar mehr Rechtschreibfehler korrigieren, aus der lockeren eine leichte Schulter machen und vor allem die unnötigen Seitenhiebe entfernen sollen. Es fällt allerdings sehr viel leichter zu sagen „ihr seid alle doof“ und zu hoffen, dass so ein Angriff in Zukunft dazu führt, dass ausgewogener Diskutiert wird (tut er natürlich nicht!, aber ist halt einfacher), statt langatmig (ja, noch viel langatmiger) das gefühlt unfaire Vorgehen der Podcast versuchen auseinander zu nehmen.
Wie dem auch sei, ich bitte um Entschuldigung und hör bloß nicht auf, Podcasts zu produzieren (tuste ja eh nicht); die Themen und Gäste sind meist sehr interessant, nur wär ich ab und an gern mal vor Ort um dir nen Wattebausch an den Kopf zu werfen.
monoxyd meint
Na gut. Angenommen. Vorschlag zur Güte: Schick mir den Text doch noch mal in entschärfter Form, dann setze ich ihn da oben hin.
(Und so geschah es dann auch. Danke, Tim!)
Dennis meint
Danke für diesen Podcast! Ich hab jetzt relativ viele Podcasts und Diskussionen zu Bioshock Infinite gehört (u.a. Bioshock Infinite: Reviewers Roundtable von Polygon und den von Idle Thumbs) und der hier hat mir mit am besten gefallen.
Den Vergleich Infinite und Spec Ops finde ich auf der Metapher/Meta-Ebene total spannend. Hendrik hat da schon einen ganz interessanten Ansatz von wegen: Kommentar auf Videospiele, die dir unterschiedliche Welten vorgaukeln etc.
Ich würde da aber einen Schritt weitergehen. Man kann Bioshock Infinite als einen Kommentar/eine Metapher auf Videospiel-Entwicklung verstehen genauso wie Spec Ops ein Kommentar über Militärshooter-Games ist. Spec Ops sagt: „Hey, die Figuren in unseren Shootern, unsere Nathan Drakes und Soaps mähen so viele Menschen um, das können keine geistig gesunden Helden sein“ und tatsächlich: Walker verliert in Dubai den Verstand.
Bioshock Infinite sagt: Hey, ist das nicht weird, dass alle unsere Shooter gleich sind? Das sie Superkräfte haben und diese und diese und diese Elemente? Die einzig (und das ist ein bisschen ein Logiksprung, das geb ich zu) sinnvolle Erklärung muss sei: Das sind alles Paralleluniversen, das ist alles dasselbe nur in Grün.
Und das ist es ja. Es nennt sich Unreal Engine. Und damit kann man darin einen ziemlich zynischen Kommentar auf die AAA-Videospielentwicklung sehen, die verlangt, dass Spiele wie Infinite eben allen diesen standardisierten Anforderungen entsprechen. Wo Yager gesehen hat, dass die einzige mögliche Erklärung ist, dass Videospielhelden irre Massenmörder sind, sieht Infinite AAA-Shooter gefangen in einer Art Loop. Egal ob Objektivismus und Ayn Rand, Kollektivismus oder Segregation und Rassismus, es ist immer dasselbe Spiel, derselbe Shooter.
Das finde ich als Ansatz ganz interessant, aber ganz ehrlich: Ich bin es persönlich langsam leid Videospiele zu spielen, in denen es über Videospiele geht (Far Cry 3, Hotline Miami, Bioshock).
Mats meint
@ Dennis:
Sehr interessante Gedanken, denen ich vielleicht noch ein paar Aspekte hinzufügen kann. Im Podcast erwähne ich ja hin und wieder ein ominöses Interview/Gespräch mit dem Schreiberling hinter Spec Ops, Walt Williams. Und der formuliert recht klar aus, dass es im Hintergrund nicht unbedingt um die Videospiele selbst, sondern um die Wahrnehmung derselben durch den Spieler geht. Durch die recht intensive Kupplung von Handlung & Story entsteht hier im besten Fall ein Paradoxon: Der Spieler hat das Verlangen das zu tun, was die Spielfigur nicht kann – einfach aussteigen. Also spielt Spec Ops zumindest auf dramaturgischer Ebene ganz bewusst mit der realen Möglichkeit, das Spiel vorzeitig zu beenden, um „zu gewinnen“. Denn wie im Spiel gegen Ende mehrfach klar ausgesagt wird: Es gab niemals etwas zu retten, man hat in dem Moment verloren, in dem man die Stadt betritt.
Das finde ich persönlich großartig, weil ich so als Spieler auf einer Ebene auch außerhalb des Spiels angesprochen werde. Bioshock bietet mir das nicht. Es geht keinen Dialog mit mir als Spieler ein, sondern gibt mir die Lösung des Dilemmas vor. In dem Moment, in dem sich Booker umbringt/umbringen lässt, werde ich als Spieler komplett außen vor gelassen und betrachte das alles nur noch.
Grundsätzlich kann ich bei Spec Ops übrigens nachvollziehen, wenn man als Einwand bringt, dass die spielerische Langeweile trotz Beabsichtigung ja am Ende trotzdem langweilig ist. Das habe ich in den ersten Stunden auch durchaus so erlebt, was sich allerdings durch großartige Momente (und ich ziele hier im besonderen auf die „White Phosphorus“-Szene ab) vollkommen relativiert hat. So abgedroschen es klingt, aber Spec Ops hat mich erreicht – im Gegensatz zu Bioshock. Aber das bedeutet nicht, dass auch letzteres wirklich tolle (meist visuelle) Momente hat, die man als Videospieler nicht verpassen sollte.
In dem Sinne: Danke für die Diskussion, lieber Ken Levine! 😉
André meint
Kleine Manöverkritik: Ich bin mir ehrlich gesagt nicht so sicher, ob der Vergleich der beiden Spiele so viel gebracht hat. (Außerdem hat die Aufmerksamkeit für „Spec Ops: The Line“ ein wenig darunter gelitten). Bevor du dich wiederholen musst, Markus, ich habe den Aufhänger (zwei nicht beendete Spiele, für beide Durchspielempfehlungen, eines enttäuscht, das andere nicht) durchaus verstanden. Er hat nur, fand ich, die Diskussion nicht so sehr getragen.
—
Worauf ich mit dieser Kritik hinaus will, die beiden Spiele versuchen völlig unterschiedliche Dinge. Spec Ops: The Line ist ein kritischer Kommentar auf das Military Shooter-Genre und ich habe nicht die geringste Ahnung was Bioshock Infinite versucht, jedenfalls nicht das.
Es wäre sehr bemerkenswert, wenn ein Spiel wie Spec Ops: The Line aus den USA käme. Denn die Einstellung zu medialer Gewalt, Waffen und dem Militär ist dort sehr anders. Ich habe auch noch im Ohr, dass Spec Ops: The Line auch deshalb so entwickelt wurde, weil Yager wusste, dass es schwer sein würde in dem Genre aufzufallen. Keine Ahnung, ob es kommerziellen Erfolg gebracht hat, aber ein Kritikerfolg und eine öffentliche Debatte über das Spiel ist sicherlich auch etwas wert für den Entwickler.
Bioshock Infinite hat einen für mich obskuren Kern, um den man viele Schichten interessanter Fiktion und inspirierter Gestaltung und Symbolik gewickelt hat. Man kann das Spiel auf viele unterschiedliche Arten lesen. Ich bin mir zum Beispiel sicher, dass Teile davon als Metakommentar auf Computerspiele gemeint sind, aber das ist eben nur eine Lesart. Ich glaube, es ist sehr leicht interessante Elemente zu finden und die Geschichte hält eigentlich auch ganz gut zusammen. Das Spiel lebt aber auch davon, die Phantasie der Spieler für andere Möglichkeiten zu öffnen (und löst bei einigen damit eben den Schmerz des unverwirklichten Potentials aus). Spec Ops: The Line ist offensichtlich viel fokussierter in seinen Ambitionen.
—
Details
Zu Spec Ops: The Line: Das Twist-Ende fand ich gar nicht mal so wichtig. Unter anderem, weil sich schon vorher abzeichnet, dass zumindestens ein Teil der Konversationen mit Colonel Konrad nur Walkers Kopf stattfand. Vorallem aber war die Sinnlosigkeit des immer weiter Vordrängens schon längst offenbar geworden. Der Turm ganz egal, was einen erwartet, ist in einem metaphorischen Sinne leer.
Wichtiger finde ich, die Gesamterfahrung, wie die Geschichte von einem klassischen Military Shooter-Szenario immer mehr abstürzt. Auch weil das Spiel zu Anfang immer noch so gestaltet ist, dass es tatsächlich die Leute erreichen kann, auf die es mit seiner Selbstkritik abzielt. Das ganze Spiel durchzieht eine sehr gut realisierte Progression. Zum Beispiel die Kampfausrufe beginnen mit militärischem Lingo, „Tango down“, und rutschen immer mehr ins Profane ab. Genauso Tötungsanimationen, die zunächst mit der Präzision einer Spezialeinheit ausgeführt und später immer gewalttätiger und hasserfüllter werden. Natürlich auch die Figuren selbst. Nach dem Ritt mit den Wassertransportern, verliert Walker seine Ärmel und läuft fortan wie Rambo durch die Gegend. Passend dazu besteht er dann ja auch auf der Extrarunde um den Sender, um in einer absurden Ballersequenz alles vom Hubschrauber aus niederzumähen. Das Spiel bringt immer wieder Missionsziele hervor und motiviert sie immer schlechter. Dabei wird klar, in Wirklichkeit gibt es nur Walkers „wir müssen weiter“ und „es ist notwendig“ aka das nächste Kapitel in einem Spiel, das einfach nur die gewohnte Rechtfertigung für das Abschießen von Spielfiguren verweigert. Ich fand die Beobachtung der Umsetzung dieser Dekonstruktion eigentlich am interessantesten, wusste freilich vorher schon, dass sie Ziel des Spiels ist.
Bioshock Infinite: intellektuell topp oder flopp?: Weil die Diskussion aufkam, ich habe schon das Gefühl, dass hinter Bioshock Infinite eine Menge Intellekt steckt und dieser nicht nur simuliert wird. Ich finde zum Beispiel durchaus nicht, dass Rapture hier nur angetackert wurde. Man denke allein an den Anfang von Bioshock. Man stürzt mit einem Flugzeug ab, und steigt dann in die Tiefe des Meeres hinab. Bei Bioshock Infinite kommt man mit den Boot über das Wasser und steigt in den Himmel auf. So gibt es eine Reihe von Parallelen und Inversionen, die einen formulaischen Charakter andeuten sollen. Die Geschichte hat jetzt keine für mich erkennbaren großen Aussagen, aber der Loop-Charakter des Plots, seine Enthüllung und Auflösung funktioniert und ist durchaus intelligent gemacht. Klar, am Ende frage ich mich auch, warum dem Taufmoment jetzt unter allen Gablungspunkten zu unterschiedlichen Quantenrealitäten so eine große Bedeutung zukommen soll, aber da hat es dann eben doch ein metaphysisches Moment.
Bioshock Infinite selbst rassistisch: Letztlich kann ich mit der Kritik auch nicht mitgehen. Allerdings muss sich das Spiel schon mindestens den Vorwurf gefallen lassen, dass es eine Geschichte weißer Protagonisten ist, die sich um deren Probleme dreht, als Kolateralschaden Rassismus hervorruft, dann aber nichts übermäßig Interessantes mit dessen Opfern anstellt. Die weitergehende Kritik ist wie Rassismus im Spiel verwendet wird. Er ist sehr plakativ, wird von den Bewohnern Columbias ja sogar zelebriert. Selbst, wenn das für die heraufbeschworene Zeit passend ist, ist es eben keine besonders gegenwartsrelevante Kritik des Rassismus. Wie interessant wäre es gewesen, wenn Booker, immerhin ein Comstock in spe, als Protagonist auf Personen mit nicht-weißer Hautfarbe mit milde rassistischen Tendenzen reagiert hätte. Zum Beispiel, Elizabeth unterhält sich mit einer entsprechenden Person und Booker ruft sie mit leichtem Bruch in der Stimme und unter fadenscheinigen Begründungen zu sich. Ohne eine solche Nähe kann der Spieler sich recht komfortabel zurücklehnen und sich gegenüber den Offensivrassisten der Stadt überlegen fühlen. Weiterhin kann man sagen, dass Rassismus im gesamten Setting ein bisschen folkloristisch wirkt, eben ein weiteres Element der „bad/good old days“, das ohne besondere Auseinandersetzung in die Spielästhethik integriert wird. Schließlich die beschriebene Anfangsszene sehe ich durchaus, wie im Podcast angesprochen, auch im Sinne der Legitimierung von Gewalt (man sollte auch nicht vergessen, dass die Entwickler ihre Rassismusdarstellung in einem US-amerikanischen Kontext denken). Und hier ist schon auffällig: Der Vorhang geht auf, hmm, böser Rassismus, wir sind böse, is‘ klar ne, und sobald man es begriffen hat, fällt der Vorhang wieder zu und der Rassismus hat seine Schuldigkeit getan. Das hat schon so ein Gschmäckle.
Shooter-Problem: Habe ich ja schon in einem Kommentar zum Frauenbild-Die Wahrheit gesagt, bei all dem muss man die Shootermechanik als nicht recht passenden Platzhalter für die noch fehlende, zukünftige, revolutionäre Spielmechanik sehen, die interessante narrative Erfahrungen in Computerspielen in Zukunft tragen wird. Meine Empfehlung hierzu ein Videoessay von MrBtongue „Slow Down the Violence“ http://www.youtube.com/watch?v=5ZM2jXyvGOc (Er hat zurecht erkannt, dass man sich langsam entwöhnen muss.)
Sven meint
Habt Ihr eigentlich schon mal in das Art Book von Bioshock Infinite reingeschaut (hier: http://www.amazon.de/dp/1595829946/ref=dra_a_cs_lr_hn_it_P1400_1000?tag=dradis03-21 )?
Da kann man m.M.n. sehr gut erkennen, was alles während der Entwicklung verworfen wurde. Vor allem die schrägen Gegnertypen haben es mir angetan.
(P.S.: Man kann viele Bilder in der Vorschau erst sehen, wenn man sich angemeldet hat.)