Die DACH-Connection hat sich erneut zusammengefunden! Und zwar um nach Doom einen weiteren kernigen Mann und seine Knarre durch ein Spiel zu begleiten: Es handelt sich um Adam Jensen und den neuen Deus-Ex-Teil: Mankind Divided.
Die DACH-Connection besteht heuer aus Robert Glashüttner (ORF, FM4), Méline Sieber (SRF) und mir (Deutschlandradio Kultur) die sich auch für ihre jeweiligen Arbeitgeber mit dem Spiel auseinandergesetzt haben (Robert, Méline, Marcus) und sich jetzt noch einmal ausführlich zusammengesetzt haben.
Es ist ähnlich wie beim letzten Teil, wenn auch aus anderen Gründen: Zumindest zwei der drei Teilnehmer können sich gut für das Spiel begeistern und auch darin verlieren, aber trotzdem gibt es jede Menge Kritik.
Nicht nur, weil das Spiel sich wenig Mühe gibt, die vielen kleinen Details und Geschichten zu einer überzeugenden Gesamtkulisse zu verbinden – sondern auch, weil man sich am schwierigen Thema Rassismus und Apartheid – anscheinend mit Ansage – absichtlich total verhebt.
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Jason meint
Ich habe das Spiel auf Englisch gespielt und muss sagen das mir die deutsche Synchronisation in den Ohren weh tut. Man kann über Elias Toufexis sagen was man will, aber die deutsche Stimme ist noch viel schlimmer, so hölzern und bringt überhaupt gar nichts rüber. Die anderen sind leider auch nicht gerade besser. Gerade die Helikopter-Szene bereitet mir Ohrenbluten. Die Atmosphäre ist im englischen Original viel, viel besser. Auch wenn es nicht die Schwächen der Geschichte und des Settings komplett wett macht, es mindert sie doch ein bisschen ab.
Jason meint
Bezüglich des Themas „Rassismus und Apartheid“ sehe ich es nicht ganz so schlimm wie Markus, Méline und Robert. Ja, das Spiel schafft es nicht alles zu einer großen Story Arc zu verknüpfen oder alles thematisch „einzufangen“. Aber irgendwie doch immer so ein bisschen, so ein Quäntchen, das für mich genügt hat damit das Spiel als Ganzes gerade noch so funktioniert. Das Narrativ so weit aufzublasen war vielleicht zu viel „Rauch um Nichts“ oder auch nur eine sehr dumme Idee um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Vielleicht war auch mehr geplant, wurde dann aus irgendwelchen Gründen aber doch nicht realisiert. Die Cinematics und Begleit-Videos, und all die vielen Details im Spiel schaffen so eine detaillierte und interessate Welt. Es wäre irgendwie viel Arbeit für nichts gewesen.
Wenn man sehr viel Zeit damit verbringt den NPCs zuzuhören, eMails und Pocket Diaries zu lesen und Fernzusehen, ergibt sich ein sehr detailliertes und stimmiges Bild über die aktuelle Situation (im Deus Ex Universum). Es lässt sich dann zumindest ein bisschen was von „Bilde Dir deine eigene Meinung“ erkennen. Z.B. wenn es um den Bau der „Aug-City“ geht, also nicht dem Golem Ghetto sondern der richtigen Stadt „von Augs, für Augs“. Man kann auch zu der Meinung kommen daß, gerade weil die Augs potentiell gefährlich sein können, dies vielleicht ein richtiger erster Schritt zur Entspannung der Lage sein könnte. Ein Anfang um dem Elend in „Golem City“ ein Ende zu setzen (wobei natürlich das Neuropozyne Problem und dessen Beschaffung auch dann nicht gelöst wäre). Auch das Ende, das eine Entscheidung darüber erfordert ob man die Politiker und hohen Tiere rettet, oder ob man versucht Marchenko davon abzuhalten das Wohnhaus in die Luft zu sprengen — nur um es den „Augs“ in die Schuhe schieben zu können — zeigt für mich in die „richtige Richtung“ (wenn man sehr schnell ist, kann man allerdings beides schaffen).
Alles ist „super angefangen“ und dann irgendwie nicht zu Ende gedacht. Ich werde daher das Gefühl nicht los, dass die Story sehr umfangreich war, nicht mehr „hineingepasst“ hat, oder aus anderen Gründen nachträglich zurechtgestutzt und auf DLCs und/oder andere Spiele verteilt wurde. Es scheint mir ein Mittelteil einer Trilogie zu sein. Schliesslich müssen wir noch erfahren, was die Szene nach dem Abspann bedeutet und wie sich die Welt zu der entwickelt, die wir im Original Deus Ex von 2000 zu sehen bekommen.
marcus meint
Da bin ich auch sehr gespannt drauf. (Und habe ein bisschen Angst, dass sie es glorios versemmeln.
Ansonsten: Ja, aber… (Das da viele Details drin sind, haben wir ja auch erwähnt, der Vergleich zerbricht halt daran, dass dem Held selbst eigentlich nichts passiert, obwohl er Teil der Unterdrückten sein müsste.)
André meint
Tatsächlich würde ich sagen, dass die „mechanical apartheid“ jedenfalls in der Erzählung, die Deus Ex aufmacht, mehr in Richtung eines Biologismus geht als etwa Diskriminierung anhand kultureller Unterschiede. Denn nach der Veränderung des Körpers ist die Andersartigkeit ebenso verwurzelt wie es etwa rassischen Merkmalen zugeschrieben wird.
Der eigentliche Vergleichspunkt ist wie die Gesellschaft damit umgeht: Das Risiko, das von den Augs ausgeht, ist ja nicht akut, sonst wären sie in Quarantäne. Es geht also um eine potentielle Gefährlichkeit. Inwieweit die auch faktisch noch gegeben ist, ist nicht klar. Es gab in der jüngeren Geschichte eine konkrete Bedrohung und es wurden daraufhin möglicherweise proportionale Schutzmaßnahmen ergriffen. Solche Maßnahmen beruhen aber auf einer Risikoabschätzung und diese wird davon beeinflusst, wieviel Angst man vor der „Risikogruppe“ hat. In der Erzählung von Deus Ex sind sie in den Aufbau einer Diskriminierungslogik gemündet, die zudem an die vorher bereits bestehenden Ressentiments gegen Menschen mit Biomodifikation anknüpft. Und damit wird aus dem Schutz ein System der Ausgrenzung.
Ein Problem mit der Verknüpfung mit dem Begriff Apartheid sehe ich allerdings auch. Denn in historischen Situationen dieses Typ gab es diese Konstellation nicht: Es wurde nicht ein zunächst friedliches Zusammenleben durch eine Seite gebrochen, womit die andere Seite dann deren Ausgrenzung begründet. Sondern umgekehrt die Unterdrückung war zuerst da und dann wurde die besondere Gefährlichkeit der Unterdrückten als Teil der Rechtfertigung konstruiert.
Kurz zu Blade Runner: Der Film spitzt doch gerade auf die Perspektive der marginalisierten Gruppe zu, indem einer ihrer Vertreter am Höhepunkt des Films gegenüber seinem Verfolger die Sprachlosigkeit der Unterdrückten durchbricht und seine Menschlichkeit demonstriert, wenn er mit den letzten Worten seine Geschichte erzählt. Eine zentrale Szene, siehe auch diesen Wikipedia-Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Tears_in_rain_monologue