Jemanden von Anonymous zu interviewen war gar nicht meine Idee, ich fand sie am Anfang sogar relativ bekloppt. Ich mein: Srsly? Eine Bewegung, die sich dadurch auszeichnet, dass sie aus vielen anonymen, gesichtslosen Menschen besteht, die nicht strukturiert sind, dadurch abbilden, dass man *einen* von Ihnen interviewt?
Aber die Kollegen bei Fritz ließen nicht locker und wollten das unbedingt machen. Anlass war die sogenannte Operation Facebook, die mal für den 5. November angekündigt war. Also habe ich verschiedene Quellen angezapft und wollte eigentlich was mit den AnonyPwnies machen, aber die wollten nicht bzw. waren aufgelöst, bevor das Interview stattfinden konnte.
Über Umwege bin ich dann bei J4rkill gelandet. J4rkill bezeichnet sich selbst als jemand, der über Anonymous berichten will, aber selber auch eine Maske trägt. Nebenbei wirkt er auch noch bei einem Podcast mit. Sehr aktiv, sehr öffentlich, irgendwie gar nicht anonym.
Dieser Widerspruch lässt sich auch nicht endgültig klären und das soll hier auch gar nicht versucht werden. Was die eine Stunde Interview zeigt, ist aber, dass Anonymous ((oder zumindest der Teil, der hier abgebildet wird)) keine quasi-terroristische Hackervereinigung finsterer Gestalten ist, sondern eher eine politische Strömung, die am Rande dessen operiert, was wir als normal wahrnehmen.
Dazu gehören auch Hacks, aber das ist eben nur ein Teil. Der beste Vergleich ist mir erst ein paar Wochen später über den Weg gelaufen: „Mülltrennen im Netz: Was ist digitaler Umweltschutz?“ Ich glaube, der Vergleich mit frühen Umweltaktivisten passt viel besser auf die Anon-Bewegung, als auf die im politischen Betrieb schon quasi-integrierten Piraten. Aber hört selbst:
Podcast: Play in new window | Download (43.6MB)
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PS: Das Ergebnis dieses Interviews und auch das Interview selber ist schon bei Fritz veröffentlicht worden. Aber im Gegensatz zu meinem Arbeitgeber bin ich nicht zur Depublikation verpflichtet und poste deswegen das ganze Interview noch einmal an dieser Stelle.
12345 meint
j4rkiLL o/ Ich hoffe du wirst nie deine nette Stimme hergeben müssen. weiter so!
Stefan Schuster meint
Der Interviewpartner will sich nicht angreifbar machen; Leider kommt dadurch sehr viel inhaltsleeres Geschwafel zusammen. Beispiel: Die Frage nach den Zielen – ich höre da keine Antwort, ausser das es viele sind.
Schade – da ist viel Potential verspielt. Zuviel Energie auf Absicherung verwendet, zuwenig auf Inhalt.
Monoxyd Mac Judge meint
Ich vermute, dass liegt auch an der relativ exponierten Position. Mich würde tatsächlich auch noch mal ein Interview mit einem „anonymeren“ Aktivisten interessieren, aber das ist halt aus verständlichen Gründen schwierig.
Stefan Schuster meint
Klar – die Gründe sind auf jeden Fall nachvollziehbar. Und es ist zumindest bei mir der Eindruck entstanden, dass es sich nicht um einen sensationsgeilen „Möchtegern“ handelt – die glänzen in der Regel dann durch eher mehr (und recht „wilde“) Details.
Von daher trotz aller Kritik: Man muss sich auch an schwierigen Themen versuchen und als erster Wurf wars alle mal interessant.
F aus C meint
Ich hätte mir da auch ein wenig mehr erwartet, dass muss ich ehrlich zugeben. Im Anschluss habe ich mir die erste Folge vom ToT-Dialog von und mit @riotburnz:twitter zu Gemüte gezogen, wo ja auch ein Anon im Interview war und wollte darauf hinweisen, aber eben habe ich gesehen, dass es sich ja um ein und die selbe Person handelt.
Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, da ich es anfänglich nicht merkte, dass es sich um die gleichen Personen handelt. Ich bin erst bei 40 Minuten und kann nicht sagen, wie es im Allgemeinen ist, aber ich kann auch dieses Interview wärmstens empfehlen.